Der 17. November, im Jahre 5 nach dem 4. Wermuthkrieg
Liebes Tagebuch,
die Sonne schien mir ins Gesicht, als ich eben vor der Hausapotheke aufgewacht bin. Was wollte ich vorher noch erzählen? Ach ja, ich erinnere mich: weiter zu den Enthüllungen des Kapitäns Nebelweide: Er ist durch den unsäglichen Herrn Kutschenheiler tatsächlich an einen Quantendampfgenerator gekommen, der ihm Zeitreisen erlaubt. Unverantwortlich, dem Kapitän so etwas in die Hand zu geben. Wie kommt man nur darauf?
Nun hat der Kapitän offenbar das Gerät soweit strapaziert, daß es Probleme mit dem Raum-Zeit-Kontinuum gibt. Da Quantendampfgeneratoren für Belastungen durch ständigen Gebrauch generell nicht ausgelegt ist, wie schließlich jedes Kind weiß, wird die Figur des Kapitäns immer flüchtiger. Also kam es zum unvermeidlichen, der Generator desintegrierte und seine losen Teile sind jetzt in Zeit und Raum zerstört, als unerklärbare Relikte, wie sie hin und wieder durch die Geschichte hindurch gefunden werden. Durch ihre oft ohne Kontext unerklärlichen Eigenschaften hört man dann von magischen Gegenständen und derartigem Firlefanz. Es handelt sich aber tatsächlich um nichts als schnöde Technik.
Das innerliche Zusammenbrechen der Anwesenden bei diesen Enthüllungen war der Besatzung ins Gesicht geschrieben. Meiner Worte entsinne ich mich nicht, aber Herr Eugenius hatte durchaus Recht, als er bemerkte, daß unsere bisherigen Probleme dagegen eher geringfügiger Natur seien. Herr von Nankofen zog sich seiner Natur entsprechend in sich selbst zurück und wandte sich dem Glase zu. Nur Kapitän von der Nebelweide schien sich der Tragweite seines Faux-Pas nicht bewusst, er schien mir heiter, gleichsam entlastet. Als würde sich das Problem durch das Geständnis gelöst haben.
Aber es wurde noch schlimmer: offenbar haben sich bei dem Sog, der durch Zeitreisen entsteht, Teile des Nebelweidschen Thalamus verflüssigt, denn sein Lösungsansatz zeigte deutlich psychotische Erscheinungen. Da er sich sowieso gern selbst reden hört und seine Weisheit generell überschätzt, hat er es in den Kopf bekommen, sich selbst durch Spalten in der Raumzeit als Gesprächspartner sozusagen zu klonen. Man stelle sich vor: nach und nach erschien eine Kopie des Kapitäns nach der anderen, bis acht Kapitäne gleichzeitig im Raum saßen und munter über das Problem herumplapperten. Sie setzten sich in Paaren an den Tisch, an dem Herr von Nankofen saß. Unser Pilot war sichtlich bemüht, das Geschehen um ihn herum seiner eigenen geistigen Gesundheit zuliebe zu ignorieren.
Das Bild, so tragisch und besorgniserregend der Anlaß, erwies sich als einer gewissen Komik nicht entbehrend.
Vielleicht war es aber auch nur die grüne Fee, die mich wieder küsste, und mir den Anflug von Heiterkeit bescherte.
Quintessenz dieses albern ernsthaften Treffens ist dennoch: bevor wir irgendetwas anderes tun, müssen wir die Teile des Quantendampfgenerators wiederfinden. Ansonsten ist die gesamte Raumzeit gefährdet und das Universum könnte aufgrund einer Diskrepanz im Kontinuum kollabieren. Wie sagte noch mein Großonkel, der 64. Earl von Entercurry: „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst“.